Aus dem Herzogtum Salzburg, Typographie 1839
(Schreibweise und -art wie im Original, Quelle: Österreichische Nationalbibliothek)

 

Das Pfleggericht Radstadt

In diesem Pfleggerichte finden wir: 1 Stadt, 23 Steuergemeinden, 1135 Häuser, 1423 Wohnparteyen, 7549 Einwohner, 1 Pfarre, 6 Vikariate, 1 Expositur, 1 Benefizium, 8 Schulen, 195 Gewerbe. Das landesfürstliche Pfleggericht mit 1 Pfleger, 1 Adjunkten und Rentmeister hat seinen Amtssitz in der Stadt Radstadt.Die Pfarre heißt Altenmarkt; die 6 Vikariate befinden sich zu Filzmoos, Flachau, Forstau, St. Martin im Lammerthale, Radstadt und zu Tauerach, das Ciurlettische Benefizium zu Radstadt, die Expositur auf dem Tauern.Die Schulen sind zu Altenmarkt, Eben, Filzmoos, Flachau, Forstau, Lammerthal, Radstadt und in Tauerach.
Nur beym Ciurlettischen Benefizium in Radstadt ist der dortige Magistrat Patron, sonst überall der allerhöchste Landesherr Kirchen- und Schulpatron, das Pfleggericht Radstadt Kirchen- und Schulvogtey.

Die 23 Steuergemeinden haben folgende Namen: Altenmarkt, Filzmoos, Flachau, Forstau, Gasthof, Untertauern, Höggen, Löbenau, Mandling, Feuersang, Hoch, Palfen, Reitdorf, Schattbach, Sinnhub, Taxen, Bairau, Sonnberg, Lammerthal, Neuberg, St. Martin, Radstadt, Schwemberg. Das Brandassekuranzkapital wurde mit Schlusse 1832 auf 215.930 fl. (Anm.: fl = Florin = Gulden) angegeben.

Viehzucht, Kohl- und Holzverkauf gewähren dem Bauersmanne die ergiebigsten Erwerbsquellen; außerdem entspricht die Natur des hochliegenden Bodens dem Fleiße seiner Bebauer nirgends völlig. Viele müssen sich mit schlechter Kost begnügen; nur sehr wenige können etwas Getreide zum Verkaufe erübrigen, aber dennoch liebt man seinen Boden.

Eine Viertelstunde von Radstadt und Altenmarkt erhebt sich unweit von der Enns in einer schönen Ebene das alte Dandalierschloß mit 4 Thürmen und einer Meyerey, einst von den Herren gleiches Namens bewohnt, jetzt einem Bauer gehörig. 1569 besaß es Christoph Graf von Schernberg und Goldeck. Besonders sehenswerth ist der mit Zirmholz ausgetäfelte Rittersaal mit vergoldeten Rosenknospen an der Oberdecke.

Der Wenghof ist vorzüglich wegen seiner mit Kultur und Geist gut bestellten Landwirthschaft bekannt; Sinhub, ein stattliches Landgut eines wohlhabenden Handelsfuhrmannes.

Das Vikariat Radstadt besteht außer der gleichnamigen Stadt und dem Burgfried auch aus der Ruralgemeinde Vordertaurach, worin sich zugleich die Einöden Dörfl, Fels, Fischbach, Höggen, Kreuzsaal, Löwenau, Mandling, Oberschwemmberg, Pichl und Walchhof, mit 317 Häusern, 391 Wohnparteyen, 1984 Einwohnern befinden.

 

Die Stadt Radstadt

Radstadt, Rastatt, Neuradstadt, Radistatt, eine kleine Stadt mit 123 Häusern, 174 Wohnparteyen, 866 Einwohnern, auf einem Hügel am linken Ufer der Enns in angenehmer Lage, 2037′ ober dem Meere, eine halbe Stunde vom vorderen Tauern, 1 von Altenmarkt, 2 von Mandling und Eben, 3 von dem untern Tauern, 23 von Salzburg. Die Stadt ist seit 1295 mit einer Mauer umgeben und bildet ein Quadrat, dessen entgegengesetzte Seite sich um ein bedeutendes in einer gebogenen Linie zuspitzt. An 3 Enden der Stadtmauer befinden sich runde Thürme, das vierte bildet das landesherrliche Hofkastengebäude. Sie hat 2 Thore: das Salzburger- und Steyrerthor, 2 Plätze, 4 Brunnen, ist in 4 Viertel getheilt: das Pfleg-, Kirchen-, Hofkasten- und Rathhaus-viertel, und hat 10 Gassen.

Das Pfleghaus, die Frohnfeste, das Bürgerspital und Schulhaus, der Hofkasten, das Rathhaus, die sogenannte Lötschen, das Lerchen- und Mauerschlößchen sind die größeren Profangebäude der Stadt und im Burgfried.
Kirchen und Kapellen hat Radstadt folgende: die Vikariatskirche, eine Kapelle in der Nähe derselben im Kirchhofe, die Kirche bey dem Kloster der Kapuziner und das sogenannte Loretto-Kirchlein ob Lerchen, außerhalb des Städtchens.
Die Vikariats-, oder eigentliche Seelsorgskirche, wurde 1314 neu gebaut, und zu Ehren des heil. Virgil eingeweiht. 1417 brannte sie ab. Dieses Unglück traf sie auch am 27. Oktober 1616 unter Markus Sittikus wieder.

So denn baute er sie 1618 in ihrer noch gegenwärtigen Gestalt wieder vom Grunde auf. Hierauf ward sie zu Ehren der Himmelfahrt Marien’s eingeweiht, erhielt auch von Joseph Ziurletta eine Kapelle zu Ehren des heil. Karl von Borromäo, und 1629 einen eigenen Vikar.
Sie bekam nach dem Brande von 1781 das Hochaltarblatt, die Auferstehung des Herrn vorstellend, von Franz Nikolaus Streicher, eine neue Orgel von Rochus Egedacher, eine neue Thurmuhr von Johann Bentele. Alle sie waren rühmlich bekannte Künstler aus Salzburg. Auch befinden sich mehrere Leichensteine in derselben. In dieser Kirche wurde Erzbischof Eberhart II. am 2. Dezember 1246 in einem Gewölbe beygesetzt, da er in der Exkommunikation verstorben war. Erst 1288 erhob ihn Erzbischof Rudolph, und begrub ihn feyerlich im Dom zu Salzburg.
Die Kapelle auf dem Kirchhofe mag schon vor 1364 bestanden haben. Sie wurde 1371 von Jakob Speher, Bürger von Radstadt, vom Neuen erbaut, fundirt, und von Friedrich, Bischof in Chiemsee, zu Ehren der heil. Katharina eingeweiht. Jetzt nennt man sie die Kapelle zu den 14 Nothhelfern.
Auch im Gottesacker befinden sich mehrere wichtige Monumente, unter diesen ein kleines, schönes, neugothisches Thürmchen (der Schusterthurm), gewiß zur Aufbewahrung eines ewigen Lichtes gestiftet, hiervon 1485 die Meldung.
Kapuziner kamen schon unter Markus Sittikus öfters als Missionäre nach Radstadt. 1634 erhielten sie vom Erzbischofe Paris ein eigenes Kloster mit einer kleinen Kirche. Diese durften sie 1746 vergrößern, und am 7. August 1750 weihte sie Andreas Jakob von Dietrichstein zu Ehren der unbefleckten Empfängniß Marien’s ein.

Das Loretto-Kirchlein baute Joh. Christoph Ziurletta, Besitzer von und zu Lerchen, salzb. Kriegsrath, Oberstlieutenant und Landmann 1677. Es wurde 1735 verlängert, 1749 vom Erzbischofe Andreas Jakob von Dietrichstein eingeweiht. Die Orgel ist von Joh. Evang. Schmid aus Salzburg 1792.
Wie in allen Vikariaten dieses Pfleggerichtes wurde auch zu Radstadt die Seelsorge ursprünglich von Altenmarkt aus versehen. Indeß kam es bereits 1354, 1385, 1495 und 1502 zu speziellen Verträgen zwischen Altenmarkt und Radstadt. 1410 wohnten bereits 3 Geistliche daselbst. Als eigener Geistlicher von hier erscheint 1555 Engelhart Subert.
Als von 1621 bis 1627 zu Radstadt ein Benediktiner-Gymnasium bestand, scheint die Ortsseelsorge mit diesem verbunden gewesen zu seyn. Das gelehrte Bayern von Dr. Kl. Al. Baader macht auf die litterarischen Sonderbarkeiten des Vikars Kaspar Izlfeldner von 1764-1769 aufmerksam.
Ein Schullehrer kommt zu Radstadt zuerst 1418 neben dem Meßner vor. Unter den hiesigen Schullehrern machte sich Sebastian Mutzl (1802-1816) durch die Tabelle seiner Giftpflanzen und durch 324 Aufgaben zur Selbstbeschäftigung der Kinder e.t.c. vortheilhaft bekannt. Die Schülerzahl beträgt an Werktagen 142, an Feyertagen 66.

Schon im 12. Jahrhunderte gab es Ministerialen von Radstadt. Von 1392 bis 1530 waren die Grafen von Schernberg hier Landrichter.
Das Städtchen wurde einer alten Tradition zu Folge 1270 unter Erzbischof Friedrich II. zu bauen angefangen. Erzbischof Rudolph umfing dasselbe 1285 mit Mauern. Am 22. July 1289 bekam die Stadt wegen ihrer Befestigung das Bürgerrecht und die Freyheiten wie Salzburg.
1295 leistete sie dem Herzoge Albert von Oesterreich tapferen Widerstand. Ueberhaupt litt Radstadt von 1288-1297 viel durch Verheerungen.  1329 erhielt die Bürgerschaft einen Steuer-Nachlaß. 1359 wurde erlaubt, acht Rathsfreunde als Geschworne zu wählen, Gastung und Kaufmannschaft auf dem Lande fürfest verbothen; 1398 durfte zu Altenmarkt nichts verkauft werden, was nicht die Bürger von Radstadt dort feil hatten; die Stadt erhielt zwey Bürgermeister zur Aufrechthaltung von Maß und Gewicht. 1458 wurde für Radstadt die Lötschen als Niederlage bewilliget. 1460 erhielt Radstadt die Salzniederlage und den Salzhandel, 1470 eine 14tägige Dult.
1497 mußten die Oberfritzer, Ebner, Flachauer, Zaucher, vom Walcher Lehen bis zur Stadt, auch Forstau und Ennswald, all ihren Verkaufswerth Samstags in Radstadt feil stellen; nur den Bürgern daselbst war es nicht gestattet, bey den Häusern zu kaufen; außer der Stadt durfte kein Handwerker für Verkauf arbeiten; die Wirthe mußten alles Getränke aus der Stadt nehmen; 1511 mußte alles Fuhrwerk durch die Stadt gehen; die Straße über Altenmarkt ward verbothen.

1525, 1526 zeichnete sich Radstadt durch vorzügliche Bürgertreue und durch Anhänglichkeit an den allerhöchsten Landesherrn aus. 1527 wurden der Stadt alle Freyheiten bestätiget; es wurden ihr 3 Jahrmärkte nebst einem Wochenmarkte bewilliget, die 5 Tafernen zu Eben, Mandling, Schwaighof, Altenmarkt und unter dem Tauern erlaubt e.t.c. 1577 ist die Enns überworfen und gerade geleitet worden.
Den 25. Februar 1613 ward das Umgeld bewilliget. Am 27. Oktober 1616 brannten 42 Häuser ab. Den 7. November 1669 ward befohlen, daß die Gaumeister nicht in die Stadt, die Stadtmeister aber auf das Gau arbeiten konnten; der Magistrat durfte die Bürgerssöhne ohne Konsens aufnehmen.
Den 19. August 1759 erfolgte neuerdings die Bestätigung mehrerer alten Freyheiten.
Am 5. September 1781 brannte die ganze Stadt mit 110 Häusern ab, das Kapuzinerkloster ausgenommen.
Am 2. Oktober 1807 erfreute sich Radstadt der beglückenden Anwesenheit Sr. Majestät des Kaisers Franz I.
Es war unter Matthäus Lang, wo Paulus Hofheimer von Radstadt, der berühmteste Tonkünstler seiner Zeit, den Muth hatte, die Lieder des Horaz und anderer Dichter in Musik zu setzen. Sein Werk erschien nach seinem Tode zu Nürnberg 1539.

Am Maria Opferungstage muß jedes Haus die sogenannten Burgrechts-Pfennige an die landesfürstliche Kasse entrichten. Von einem solchen Pfennige wird dann bei einer Besitzveränderung statt der Anlait ein Schilling (7 kr. 2 pf. R. W.) gereicht.

Im Stadtwapen befindet sich eine Stadtmauer mit einem Thore und 2 Thürmen nebst einem dazwischen angebrachten silbernen Rade im rothen Felde.

 

wappen radstadt